Ryanair, eine reine Niedrigpreisfluggesellschaft, war mit über 200 Millionen be-förderten Passagieren im Ende März be-endeten Geschäftsjahr 2024/2025 Europas mit Abstand größte Airline. Selbst große Konkurrenten wie die Lufthansa Group (137 Mio. Passagiere), IAG (122 Mio. Passagiere), easyJet (97 Mio. Passagiere), AF/KLM (78 Mio. Passagiere) und Wizz (59 Mio. Passagiere) stellten die Iren, nach deren eigener Zählung, bei den Europa-Fluggastzahlen in den Schatten.

Dank ihrer Größe beherrscht Ryanair mittlerweile ganze Märkte, wie hier Italien, wo sich Ryanair-Jets in MailandMalpensa begegnen.
Noch schneller Wachsen
Seit Corona konnte Ryanair sein Aufkommen damit um 35 Prozent steigern. Alleine im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr wuchs die Nachfrage um neun Prozent. Dabei fliegt Ryanair derzeit mit angezogener Handbremse, eigentlich hatte sie bereits 210 Millionen Fluggäste befördert haben wollen. Doch verspätete Boeing-Auslieferungen drosselten das ehrgeizige Wachstumstempo, das bis zum Finanzjahr 2034 zu 300 Mio. beförderten Passagieren im Jahr führen soll. Zur Ryanair-Gruppe gehören neben der irischen Ryanair und der britischen Ryanair UK auch noch die Töchter Lauda Europe, Malta Air und Buzz in Polen. Schon heute betreibt Ryanair eine Einheitsflotte von 618 Flugzeugen. 340 weitere Jets sind fest bestellt. Alleine bis März 2026 stoßen noch 29 fabrikneue Boeing 737-8-200 zur Flotte, bei Ryanair "Gamechanger" genannt. Dank zusätzlicher Notausgangstüren in Reihe 28 und eng gestellter "Slimline"-Sitze kann diese Version der 737-8 bei Ryanair bis zu 197 Fluggäste befördern. Ab 2027 werden dann auch die noch längeren Boeing 737-10 mit 228 Passagiersitzen geliefert. Falls Boeing die FAA-Zulassung bis dahin immer noch nicht geschafft haben sollte, will Ryanair die Lieferpositionen notfalls in Form von herkömmlichen 737-8-200 abnehmen, denn sie braucht Flugzeuge dringend. Fabrikneue Jets bezahlen die Iren am liebsten "cash". 587 der Flugzeuge gehören dem Unternehmen selbst und sind komplett bezahlt. Damit spart sich die Airline, dank prall gefüllter Kassen, Flugzeug-Finanzierungskosten und Zinsen.

Die vorgeschriebenen Sicherheitsanweisungen kleben bei Ryanair an der Rückenlehne, so dass diese niemals verloren gehen können.
Kosteneffizient
Das Kostenvermeiden und Kostensenken steckt tief in der DNA von Ryanair. So leistet sich das Unternehmen eine junge, und damit wartungsarme und zuverlässige Einheitsflotte, fast nur Boeing 737-800 und 737-8, in jeweils einheitlicher Konfiguration. Ersatzteile passen damit fast überall, Mechaniker sind mit allen Abläufen vertraut und die Piloten lassen sich reihum problemlos einsetzen. An eigenen Ersatztriebwerken spart Ryanair dagegen nicht, die stehen jederzeit auf Abruf bereit. Genau wie eine kleine Flotte von vier Learjets, mit denen Mechaniker, Ersatzteile und Ersatzpiloten bei Bedarf kurzfristig aus Stansted und Bergamo an etwaige Brennpunkte geflogen werden können. Denn der sehr eng gesteckte Flugplan funktioniert nur, wenn die Flugzeuge gleich wieder in die Luft kommen, um Geld zu verdienen.

Die Umkehrzeit eines Ryanair-Flugzeugs beträgt im Schnitt nur 25 Minuten.
Nur 25 Minuten Umkehrzeit
Die Voraussetzung dafür sind extrem kurze Bodenzeiten von nur 25 Minuten mit Deboarding und Boarding der nächsten Passagiere bis zum Abrollen. Die Ryanair-Mechaniker sind gedrillt, in dieser Zeit bei Bedarf auch noch einen Reifenwechsel zu schaffen. Wie ein Uhrwerk funktioniert die straff geregelte Bodenorganisation dafür bei jedem Ryanair-Flug, bei dem jeweils die steile Bordtreppe vorne und eine weitere Treppe hinten den Passagierwechsel beschleunigen. Auch als Fluggast bekommt man den Druck zu spüren: Bei Ryanair muss man, minutengenau bis zum Boardingschluss am Gate stehen, ohne Ausnahme. Das normale Bordgepäck darf nur die streng-kleinen Ryanair-Maße aufweisen, 40 x 20 x 25 cm, damit es unter den Vordersitz passt. Wer ein zweites Gepäckstück (maximal 10 kg, 55 x 40 x 20 cm) zur Unterbringung im Gepäckfach mitnehmen will, muss es kostenpflichtig hinzubuchen, am besten schon bei der Buchung, nachträglich wird es teurer. Auch Aufgabegepäck lässt sich hinzubuchen. Das Angebot reicht vom "Basic"-Tarif (nur ein kleines Handgepäck), über "Regular" (zwei Handgepäckstücke, Wunschsitz und Vorrangplatz in der Schlange, "Plus" (kleines Handgepäck und 20 kg Aufgabegepäck), "Family" (Grupppen-Sitzreservierungen und bestimmtes Gepäck) und "Flexi Plus" (zwei Handgepäckstücke, Vorrangplatz, Umbuchbarkeit, ggf. gegen Differenz-Zuzahlung und "kostenloses Check-in").

Tickets verkauft Ryanair ausschließlich direkt über die eigene App und Website.
Check-in am eigenen Gerät
Letzteren Punkt, das Check-in, muss man sonst bei Ryanair als Passagier unbedingt selbst auf der Website oder in der App erledigen. Nachträglich am Flughafen berechnet Ryanair dafür sonst immer happige 55 Euro (bzw. 30 Euro in Spanien). Dafür kommt Ryanair aber auch mit wenigen Schaltern und Personal aus und gibt diesen Vorteil durchaus in Form niedriger Preise an die Passagiere weiter. So liegen die Ticketpreise im Durchschnitt bei nur 44 Euro pro Strecke. Zwar wird es bei hohem Andrang und kurz vor Abflug deutlich teurer, aber wenige Airlines dürften dieses dauerhaft niedrige Preisniveau unterbieten, das damit auch die zahlreichen geforderten Zuschläge erträglicher macht.

Der Ein- und Ausstieg über Vorfeldtreppen, hier in Weeze, ist bei Ryanair typisch.
Auch exotische Flughäfen
Wer wirklich nur den schnörkellosen Transport sucht und bereit ist, sich penibel an alle Vorgaben und Abläufe zu halten, wird bei Ryanair zu günstigen Preisen fündig und, statistisch betrachtet, sicher und pünktlich transportiert. 230 Flughäfen in 37 Staaten werden bedient, davon 100 aufneuen Routen, alleine im letzen Geschäftsjahr. Allerdings fliegt Ryanair oft an ungewohnte Orte. Typischerweise steuern die Iren nämlich oft sogenannte "Sekundär-" oder "Tertiärflughäfen" an, wo sie besonders günstige Abfertigungsbedingungen finden. Für die Passagiere bedeutet das oft eine weitere Anfahrt, deren Kosten man dem günstigen Flugpreis gegenüberstellen muss. Dafür schafft Ryanair an relativ entlegenen Orten neue Jobs, z.B. etwa 200 eigene am Niederrhein-Flughafen in Weeze, nahe der holländischen Grenze. An dieser "Basis" sind alleine sieben Ryanair-Flugzeuge stationiert, gleich viel wie am BER. Seit April wurden hier vier neue Routen nach Crotone (Italien), Paphos (Zypern), Sarajevo (Bosnien-Herzegowina) und Olsztyn-Mazury (Polen) aufgenommen. An der sehr schlanken Ryanair verdienen die Flughäfen selbst nicht viel, aber die jeweiligen Regionen an deren Fluggästen. Denn diese brauchen Parkplätze, Busfahrten, Imbisse und Hotelzimmer und füllen manche Region, dieeher entlegen ist, mit neuen Besuchern. Durch ihre Ertragssteuerung schaffen die Iren über den Preis fast immer eine sehr hohe Auslastung (zuletzt 93 Prozent im März 2025) und liefern Aufkommen.

Unter den drei europäischen Niedrigpreis-Airlines hält Ryanair die Führungsposition.
Rückzug bei zu hohen Kosten
Stimmt die Auslastung aber nicht und kann man woanders mehr Geld einnehmen, zieht sich Ryanair allerdings auch schnell wieder zurück. Davon können die Flughäfen Dortmund, Leipzig und Dresden, wo Ryanair ihre Flüge gerade einstellt, ein Lied singen. Erst mit dem erhofften Flottenzuwachs könnte sich die Lage wieder ändern. Auch wegen zu hoher Kosten im europäischen Vergleich hatte Ryanair den Markt Deutschland zuletzt nur mit vergleichsweise gedämpften Tempo entwickelt.