Boeing F-47: Der geheime nächste Superfighter für die US Air Force

Geheimnisvolle Boeing F-47
Der nächste Superfighter für die USAF - was kann er?

Veröffentlicht am 17.05.2025

Boeing konnte am 21. März jubeln, nachdem die Entscheidung für den bemannten Fighter im Rahmen der Next-Generation-Air-Dominance-Systemfamilie im Weißen Haus verkündet wurde: Mit der F-47 hat man sich gegen Lockheed Martin durchgesetzt und damit die Zukunft des Militärbereichs in St. Louis wohl für Jahrzehnte gesichert. Im letzten Sommer sah das noch ganz anders aus, denn das Pentagon hatte unter Frank Kendall, Secretary of the Air Force, das Programm "pausieren" lassen und eine Überprüfung der Anforderungen und vor allem der Kosten eingeleitet. Soweit bekannt, kamen die Untersuchungen der US Air Force und eines externen Gremiums ehemaliger, hochrangiger Beamter zu dem Schluss, dass der Next-Generation Air Dominance Fighter (NGAD)nach wie vor benötigt wird, um die amerikanische Luftüberlegenheit auch künftig sicherzustellen. Dies gilt insbesondere bei einem Krieg im Pazifik gegen China, das numerisch überlegen ist und neuerdings auch vermeintlich hochmoderne Fighter im Test hat, wie diverse unscharfe Fotos zeigen. Eine Entscheidung schob die Biden-Regierung nach den Wahlen im November allerdings der neuen Trump-Administration zu. Glaubt man diversen Berichten, so leistete die Air Force auch bei Trump selbst noch Lobbyarbeit. "Ich möchte dem Präsidenten so viele Optionen wie möglich geben. Das heißt, ja, weiter modernisieren. Ja, NGAD. Ja, CCA", sagte Luftwaffenchef David W. Allvin auf dem AFA Warfare Symposium am 3. März.

F-47 im Hangar 2025
USAF

Bester Gegenwert

Angeblich fiel die Entscheidung zugunsten von Boeing ganz normal durch das Bewertungsteam, weil das Angebot "für die Regierung den besten Gesamtwert darstellt und die Anforderungen der Air Force am besten erfüllt". Es wurde dann von der amtierenden Leiterin des Beschaffungswesens der Air Force, Darlene J. Costello, genehmigt. Basis dürfte dabei ein Vergleichsfliegen mit Demonstrator-Mustern gewesen sein. Die bisherigen Leistungen der Wettbewerber haben dagegen wohl keine entscheidende Rolle gespielt, denn man hatte ohnehin nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Boeing hat bei den aktuellen Air-Force-Programmen für den Tanker KC-46, das Trainingsflugzeug T-7 und das Präsidentenflugzeug Air Force One mit jahrelangen Verzögerungen zu kämpfen, was zu Abschreibungen in Höhe von rund zehn Milliarden Dollar führte. Lockheed Martin wiederum hat Probleme mit der verzögerten Entwicklung von Verbesserungen und späten Auslieferungen bei der F-35 sowie mit den anhaltend hohen Betriebskosten des aktuellen StealthFighters. Was die Konstruktion und die Leistungen der F-47 betrifft, so unterliegt vieles – fast alles – der Geheimhaltung. Da nur zwei Zeichnungen veröffentlicht wurden, die mehr verschleiern als preisgeben, wird allerorten fleißig spekuliert. Überraschenderweise scheint das Flugzeug beispielsweise eine Canard-Konfiguration aufzuweisen, die oft als besonders schädlich für (Radar-)Stealth- Eigenschaften angesehen wird. Vom "Bird of Prey" aus den 1990er-Jahren bereits bekannt ist die breite Bugsektion. Canards hatte die unbemannte McDonnell Douglas X-36 (Erstflug 1997). Auch die X-45 (Erstflug 2002) sowie die Phantom Ray (Erstflug 2011) werden als Beispiele für fortschrittliche Boeing-Entwicklungen genannt, aus denen Erkenntnisse für NGAD gewonnen werden konnten. Ansonsten sind jedoch weder die Flügelform noch die Heckkonfiguration und Details über die Triebwerkseinläufe zu erkennen. Alle fiktiven Renderings zeigen das NGAD als zweimotoriges Kampfflugzeug mit den Lufteinlässen auf der Unterseite. Was bleibt, sind somit die kurzen Statements von Trump und Allvin während der Ankündigung im Oval Office, bei denen allerdings so dick aufgetragen wurde, dass man auch diese mit Vorsicht betrachten muss.

"In Bezug auf alle Eigenschaften eines Kampfjets gab es noch nie etwas auch nur annähernd Vergleichbares, von der Geschwindigkeit über die Manövrierfähigkeit bis hin zur möglichen Nutzlast. Die F-47 wird das fortschrittlichste, leistungsfähigste und tödlichste Flugzeug sein, das je gebaut wurde", behauptete Trump. "Die F-47 ist nicht nur mit modernsten Stealth-Technologien ausgestattet, die sie ‚praktisch unsichtbar‘ machen, sondern hat auch die größte Leistung aller jemals gebauten Jets", so Trump, der eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als Mach 2 angab. Ein Preis wurde nicht genannt, "weil das einen Teil der Technologie und einen Teil der Größe des Flugzeugs preisgeben würde".

X-36 aus den 1990er-Jahren von McDonnell Douglas im Flug
NASA

Triebwerksentwicklung

Was den Antrieb betrifft, so befinden sich im NGAP-Programm (Next Generation Adaptive Propulsion) das XA102 von General Electric und das XA103 von Pratt & Whitney im Wettbewerb. Diese Triebwerke verfügen über ein adaptives Drei-Strom-Konzept (zwei Nebenstromkanäle), das je nach Situation eine höhere Treibstoffeffizienz und Kühlung oder zusätzlichen Schub ermöglicht. Beide haben inzwischen die Entwurfsüberprüfung (Detailed Design Review) überstanden. Im Januar waren neue Verträge für die Entwicklung erteilt worden, welche die Obergrenze für jeden Anbieter auf 3,5 Milliarden Dollar (3,2 Mrd. Euro) anhoben. Es wird erwartet, dass die Luftstreitkräfte die Leistung der einzelnen Prototypen nach Beginn von Tests im Laufe dieses Jahrzehnts bewerten und dann eine Auswahl treffen. Bestätigt wurde, dass "eine experimentelle Version des Flugzeugs seit fast fünf Jahren heimlich fliegt". Dies steht im Einklang mit der Ankündigung von Dr. Will Roper, dem damaligen stell- vertretenden Luftwaffenminister für Beschaffung, Technologie und Logistik, der schon 2020 erwähnte, dass ein NGAD-Demonstrator bereits in der Luft sei. Laut Allvin sind die X-Flugzeuge "Hunderte von Stunden geflogen, haben modernste Konzepte getestet und bewiesen, dass wir mit Zuversicht an die Grenzen der Technologie gehen können." Der General sagte weiter, dass "die F-47 noch während der Amtszeit von Präsident Trump fliegen wird." Der Fighter habe "in diesem Stadium des Programms eine noch nie dagewesene Reife". Die Plattform sei "so konzipiert, dass sie anpassungsfähig ist und deutlich weniger Personal und Infrastruktur benötigt".

Zeichnung des F-47 Fighter im Flug
USAF

20 Milliarden Dollar

NGAD ist derzeit das teuerste Programm in den Forschungs- und Entwicklungsplanungen der Air Force. Im Haushaltsantrag für 2025 waren 19,6 Milliarden Dollar für die nächsten fünf Jahre vorgesehen. Der an Boeing vergebene EMD-Vertrag (Engineering and Manufacturing Development) hat einen geschätzten Wert von über 20 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hatte – zumindest von außen betrachtet – auf Risiko gespielt, als es 1,8 Milliarden Dollar in eine neues Fertigungszentrum für fortschrittliche Kampfflugzeuge in St. Louis investierte. Noch in diesem Jahr soll das 4500 Quadratmeter große Advanced Coating Center für die Endbearbeitung neuer Jets in Betrieb gehen. Schon im Herbst 2022 eröffnete das Unternehmen das neue Advanced Composite Fabrication Center in Mesa (Arizona). Vor der Ankündigung wurde davon ausgegangen, dass die Kosten für die NGAD-Kampfflugzeuge im dreistelligen Millionenbereich pro Stück liegen würden, wobei die glaubwürdigste Schätzung bei 300 Millionen Dollar pro Flugzeug lag. Allerdings sagte Allvin, dass "die F-47 im Vergleich zur F-22 weniger kosten wird und [...] wir mehr F-47 in unserem Bestand haben werden". Der Preis für einen einzigen F-22 Raptor lag nach Angaben der USAF bei 143 Millionen Dollar, und die USAF hat 195 F-22 beschafft. Erstaunlicherweise erklärte Trump, dass eine "vereinfachte Version" für den Export freigegeben werden könnte, da die Verbündeten "ständig anrufen". Der Export der F-22 wurde aufgrund der sensiblen Natur ihrer Technologien nie genehmigt.